Pater Cornelius Bohl

Lebendige Steine – Sakrale Architektur

Sakrale Räume sind von Menschen gemacht. Aber sie machen auch etwas mit uns. Sie können mir helfen, ruhig zu werden und mich zu sammeln. Als Andersorte vermitteln sie eine Ahnung von einer Wirklichkeit, die mich übersteigt und zugleich trägt und birgt. „Hier wohnt Gott“, sagen wir vielleicht einem Kind. Wenn heute Kirchen profaniert, umgewidmet und abgerissen werden, fehlen in einer Stadt nicht nur ein paar Touristenziele. Da fehlen Räume, die uns über uns selbst hinausweisen.

„Was, du willst mir ein Haus bauen, damit ich darin wohne?!“ So reagiert Gott, anscheinend halb belustigt und halb verärgert, auf den Vorschlag des Königs David, ihm in Jerusalem einen Tempel zu errichten. Nein, Gott selbst baut ein Haus, indem er dem König einen Sohn schenkt (vgl. 2 Sam 7,1-16). Gott wohnt im Menschen! An Weihnachten kommt das dann zu einem unüberbietbaren Höhepunkt: In Jesus von Nazareth hat Gott selbst unter uns gewohnt, mitten unter uns sein Zelt aufgeschlagen (Joh 1,14). Christen sollen daher nicht vorrangig fromme Gebäude errichten, sondern sich „als lebendige Steine zu einem geistigen Haus aufbauen lassen“ (vgl. 1 Petr 5).

Es gibt Hilfswerke, die investieren nicht in „tote Gebäude“. Darüber kann man streiten. Räume und Gebäude sind wichtig für eine Gemeinde. Franz von Assisi hat zunächst auch ein steinernes Kirchlein wieder aufgebaut. Wo Gebäude verwahrlosen, verwahrlosen auch Menschen. Gebäude sammeln Menschen. Aber dann hat er begriffen, dass Erneuerung der Kirche mehr braucht. Kirchengebäude haben wir noch genug in Deutschland. Aber sie werden immer leerer. Tatsächlich, in sakraler Architektur ist etwas vom Geheimnis Gottes erfahrbar. Aber er wohnt in lebendigen Menschen und lebendigen Gemeinden. Hier bei uns und weltweit.

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